Vibrationsreibschweißen
Einleitung
Das "lineare Vibrationsschweißen" hat sich neben dem Ultraschall- und Heizelement- Schweißen insbesondere im Bereich großflächiger Fügeteile in der Serienfertigung durchgesetzt. Das Verfahren eignet sich für beliebig geformte Teile, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Verbindungsstellen ein gegenseitiges Bewegen der zu verbindenden Teile erlaubt.
Das Vibrationsschweißverfahren verlangt insbesondere bei großen (Automobilstoßfänger) oder dünnwandigen Fügeteilen großen Aufwand bei den Aufnahmewerkzeugen, um die erforderliche Reibbewegung gleichmäßig auf den Schweißnahtbereich zu übertragen.
Neben der bekannten Verschweißbarkeit von Thermoplasten, die als Polymerverbindung definiert sind, gibt es weitere Möglichkeiten der Verbindung zwischen Thermoplasten und nicht thermoplastischen Materialien. Hierbei verbindet sich das thermoplastische Material mit dem jeweiligen Trägerwerkstoff durch Verkrallen, wobei die Festigkeitswerte abhängig sind von der jeweiligen Trägerstruktur. Hierbei fließt der schmelzeflüssige Thermoplast in die Hinterschnitte der nichtthermoplastischen Oberfläche und verkrallt sich dort nach dem Abkühlen.
Verfahrenstechnik
Aufschmelzen durch Reibung
Das lineare Vibrationsschweißen gehört zu den Reibungsschweißverfahren. Beim linearen Vibrationsschweißen werden die Fügeteile in einer oszillierenden, translatorischen Relativbewegung unter definiertem Druck solange gegeneinander gerieben, bis die Werkstoffe in den Berührungszonen aufschmelzen und ein Schmelzefluss stattfinden kann. Nach Beendigung des Vibrationsvorganges erfolgt das Abkühlen unter Druck, so dass eine stoffschlüssige Verbindung entsteht.
Beim Vibrationsschweißprozess stehen die Schweißparameter Schweißzeit ts, Schweißdruck ps, Haltezeit tH, Haltedruck pH, Schweißweg Ss, Amplitude a und Frequenz f zur Verfügung.
Zyklus des Vibrationsschweißens
Prozessphasen
Im Gesamtzyklus des Vibrationsschweißens sind die Vibrationsphase während der Schweißzeit und die daran anschließende Abkühlphase in der Haltezeit entscheidend für die aus den Schweißparametern resultierenden Schweißnahteigenschaften. Der Schweißzyklus kann in vier zeitlichen Phasen unterteilt werden, die sich anhand des zeitlichen Fügewegverlaufes charakterisieren lassen.
Phase 1: Feststoffreibphase
In der Phase 1 werden die Reibflächen der Fügeteile durch Reibungsenergie bis über die Kristallitschmelztemperatur, bei teilkristallinen, bzw. Glasübergangstemperatur, bei amorphen Thermoplasten erwärmt.
Phase 2: instationäre Schmelzreibphase
In der folgenden instationären Phase 2 baut sich ein Schmelzefilm auf, verbunden mit ersten Fließbewegungen in dem Schweißwulst.
Phase 3: quasistationäre Schmelzreibphase
In der anschließenden quasistationären Phase 3 liegt ein annäherndes Energiegleichgewicht vor. Der Fügeweg zeigt einen nahezu konstanten linearen zeitlichen Verlauf.
Phase 4: dynamische Haltephase/ statische Haltephase
Nach Beendigung der Vibrationsphase kühlen die Fügeteile unter Druck ab. Diese Haltephase wird in die dynamische Haltephase, in der die Amplitude degressiv abfällt, und in die statische Haltephase unterteilt.
Maschinentechnik
Die lineare Vibrationsbewegung kann mit hydraulischem oder elektromagnetischem Antrieb erzeugt
werden.
Elektromagnetisches Antriebssystem
Der vom Stromnetz gelieferte Strom wird über einen Generator zu den elektromagnetischen Spulen geleitet. Diese sind zusammen mit Federpaketen im Schwingkopf installiert. Durch die wechselweise wirkenden Magnetfelder wird das Schwingsystem in eine lineare Schwingung versetzt. Mit Hilfe der Rückstellkraft der Federn wird das System in die Ausgangsposition gebracht.
Amplituden und Frequenzen
Je nach Anforderung der Schweißoperation kann die Amplitude verändert werden, bei Maschinen mit 100 Hz Arbeitsfrequenz von 1-2 mm und bei Maschinen mit 260 Hz Arbeitsfrequenz von 0,35-1,0 mm.
Die Frequenz muss auf die Resonanzfrequenz des Schwingsystems abgestimmt werden. Bei der Abstimmung der Amplitude müssen die konstruktiven Gegebenheiten der Fügeteile beachtet werden. Frequenz und Amplitude beeinflussen die Reibgeschwindigkeit und damit die in die Fügezone eingebrachte Energie. Eine Erhöhung von Frequenz und/ oder Amplitude steigert die Energieeinbringung und verkürzt dadurch die Zeit zur Ausbildung des Schmelzefilms.
Highlight der KLN – Vibrationsschweißmaschinen LVW
Betriebsmodus vorwählbar:
- Betriebsart Wegschweißung
- Betriebsart Zeitschweißung
Arbeitsfrequenz f [Hz]:
- Frequenzbereich vo 0-260 Hz - je nach Typ
Fügekraft Fk [kN]:
- Fügekraft bei P 26,7 k - je nach Typ
Oberwerkzeuggewicht (kg):
- 15 – 80 kg - je nach Typ
AFRC Automatische Frequenz Resonanz Controls:
Als Besonderheit bietet diese Maschine die Anpassung der Resonanzfrequenz auf das jeweilige Oberwerkzeuggewicht. Diese Technik sichert hohe Flexibilität bei der Werkzeuggestaltung, da keine exakte Gewichtsanpassung erforderlich ist. Diese automatische Frequenz-Abstimmung wird bei einem Werkzeugwechsel bzw. der Inbetriebnahme eines neuen Werkzeuges eingesetzt. Nach Durchfahren eines Frequenzbereiches von 280 - 150 Hz wird automatisch die Resonanzfrequenz des Schwingsystems in Abhängigkeit des Oberwerkzeug-Gewichtes abgestimmt.
Druck-Weg-Zeit-Amplituden Stufensteuerung:
Während des Schweißprozesses können die Parameter Druck-Weg-Zeit-Amplitude variabel über die Steuerung in 8 Stufen geregelt werden.
Amplitude a [mm]:
- Amplitude ist während des Schweißprozesses in 8 Stufen variabel über die Steuerung regelbar
- Amplitude vorwählbar von 0,35 bis 1,0 mm bei einer Frequenz von 260 Hz
Schweißdruck ps [bar]:
- Schweißdruck während des Schweißprozesses in 8 Stufen variabel über die Steuerung regelbar
Schweißdruck pH [bar]:
- Haltedruck während des Schweißprozesses in 3 Stufen variabel über die Steuerung regelbar
Laser-Wegmess-System:
- vorwählbare Betriebsart wegabhängiges Schweißen in 8 Stufen variabel über die Steuerung regelbar
- Laser-Sensor mit einer Genauigkeit von +/- 0,05 mm
Betriebsart Zeitschweißen:
- vorwählbare Betriebsart zeitabhängiges Schweißen in 8 Stufen variabel über die Steuerung regelbar
Steuerung:
- Siemens S7
- Bediengerät OP 27
- Grafische Darstellung des Schweißprozesses
- Ausgabe der Prozessparameter über R 232 Schnittstelle
- Überwachung der Prozessparameter im Ist-Soll-Vergleich
Haltedruck/ Haltezeit
Haltedruck
Hier spielt die gewählte Füge-Nahtgeometrie sowie die richtige Wahl des Anpressdruckes eine wichtige Rolle. Erfahrungswerte und Laborversuche haben gezeigt, dass der Anpressdruck (Schweißdruck) zwischen 40 und 100 N/cm2 liegen sollte. Beim Schweißen mit Druckvarianten soll der Haltedruck dem Schweißdruck zum Ende der Vibrationszeit entsprechen. Eine Entlastung der Fügenaht durch die Reduzierung des Haltedrucks kann zu einer deutlichen Reduzierung der Fügenahtfestigkeit führen.
Haltezeit
Die Haltezeit ist so zu wählen, dass die Naht unter die Einfrierungs- bzw. Kristallisations-Temperatur fällt und abkühlen kann. In der Regel liegt diese Zeit zwischen 1 und 5 sec.
Anforderung an die Vibrationsschweißmaschine Haltedruck/ Haltezeit
Es besteht die Möglichkeit die Maschine mit einer Druckstufensteuerung auszurüsten. Das heißt, dass während der Haltephase (4 Phasen) der Haltedruck variiert werden kann. (z.B. 3 Druck-Zeitstufen)
Schweißweg
Der Schweißweg wird durch ein in die Maschine integriertes Lasermess-System überwacht. Folgende Betriebszustände sind dabei vorwählbar: Schweißtiefe, absolute Bauteilehöhe
Durch die folgenden Einflussfaktoren wird der erreichbare Schweißweg beeinflusst:
- Amplitude
- Frequenz
- Fügedruck Függeometrie Werkstoff
Anforderung an die Vibrationsschweißmaschine Haltedruck/ Haltezeit:
Nicht abhängig vom Maschinentyp sondern vom Steuerungs- u. Regelaufwand.
- Schweißweg einstellbar und steuerbar (Ist-, Sollvergleich)
Materialkombinationen
Schweißen von Kunststoffen gleicher Art und gleichen Typs
z.B. ABS - ABS
Schweißen von Kunststoffen gleicher Art, jedoch unterschiedlichen Typs
z.B. unverstärkte – verstärkte
Schweißen von Kunststoffen mit artfremden Werkstoffen
z.B. Textilien, harzgebundenen Faserwerkstoffen
Schweißen von unterschiedlichen Kunststoffen
ABS - PMMA | PPE - (PC + ABS)
ABS - PVC | PMMA - SAN
ABS - PC | PC - (PC+ABS)
ABS - S/B | PC - (PC+ PBT) modifiziert
ABS - SAN | PBT - (PC+PBT) modifiziert
ABS - (PC+ABS) | PPE - (PPE+PA)
PMMA - PVC-U | PA - (PPE+PA)
PMMA - PC | PE-HD - PE-HD/EPDM
PMMA - (PC+ABS) | PP - PP/EPDM
Werkzeugtechnik
Wie bereits erwähnt, ist der technische Aufwand bei den Aufnahmewerkzeugen sehr groß, um die Vibrationsamplitude gleichmäßig auf den Schweißnahtbereich zu übertragen.
Für eine ausreichende Fixierung bzw. Mitnehmermöglichkeit der Werkzeuge in Fügezonennähe ist zu sorgen. Es empfiehlt sich daher schon, bei der Formteilentwicklung Fixierhilfen vorzusehen, so dass bereits im ungeschweißten Zustand eine lagerichtige Positionierung des Teils vorliegt.
Gestaltung der Formteile
Die konstruktive Gestaltung der Formteile richtet sich nach dem späteren Verwendungszweck des fertigen Produktes (Schweißnahtqualität). Die Formteile sollten ausreichend formsteif ausgeführt werden, besonders dann wenn das Werkzeug nicht in unmittelbarer Nähe der Fügefläche angreifen kann. Für eine ausreichende Fixierung bzw. Mitnehmermöglichkeit der Werkzeuge in Fügezonennähe ist zu sorgen.
Ausbildung der Fügeflächen
Wie bei allen Reibschweißmethoden sollte auch beim Vibrationsschweißen zur Erreichung einer günstigen Energieeinleitung Energie-Richtungs-Geber verwendet werden. Bevorzugt werden beispielsweise Nut und Feder Nähte. Bei der Auslegung muss der Schmelzeaustritt, der beim Vibrationsschweißen meist unsauber, brüchig, optisch nicht einwandfrei ist, berücksichtigt werden. Daher ist es in den meistens Fällen zu empfehlen, Fangnuten zur Erzielung von verdeckten Nähte
vorzusehen.
Schlusswort
Das Vibrationsschweißen findet vielfältigste Anwendungsmöglichkeiten in der Industrie. Wie z.B. im Automobilbau (Schweißen von Stoßfängern, Armaturentafeln, Leuchten, Hutablagen, Aktivkohlefilter,
Lüftungskanälen etc.). Insbesondere wird das Vibrationsschweißen dann eingesetzt, wenn großflächige Bauteile miteinander verbunden werden sollen.